Naturparadies Felsenmeer: Wandern im Odenwald

Der Odenwald bietet Wander- und Naturfans viele Sehenswürdigkeiten und Attraktionen. Seine Naturschutzgebiete stellen aber auch wichtige Lebensräume für Flora und Fauna dar. Unser Redakteur Pascal Cames hat sich auf die Reise gemacht und interessante Ausflugsziele für Sie erkundet.

Wanderroute vom Felsenmeer nach Bensheim

  • Länge: 12 Kilometer
  • Dauer: knapp 3 Stunden
  • Schwierigkeit: leicht
  • Insgesamt hat die Tour 377 Höhenmeter.
  • Bis zur Riesensäule mit Kiosk müssen 270 Höhenmeter absolviert werden.
  • Zurück zum Felsenmeer in Lautertal fährt die Buslinie 665 vom Bahnhof Bensheim (Dauer: 30 Minuten).

Geotop „Felsenmeer“: Einblicke in die Geschichte

Wandern im Odenwald - Das Felsenmeer

Der Aufstieg durch den luftigen Buchenwald ist gemütlich, der gut ausgeschilderte Weg nahezu menschenleer. Obwohl man nicht alleine ist, wie man so hört. „Schau mal, dieser Stein ist zweimal so groß wie du!“, ruft ein Junge seiner Mutter zu. Das Felsenmeer ist ein in dieser Größe einzigartiger Felsenstrom in Lautertal im Vorderen Odenwald. Die meisten Besucherinnen und Besucher verbinden die Wanderung mit einer Kletterpartie und kraxeln die einen Kilometer lange und 40 Meter breite Felsenansammlung hinauf. Manche trauen sich auf die großen Felsen, andere suchen den Weg über die kleineren. Ein paar Wanderinnen und Wanderer nehmen doch den gut ausgebauten Weg, keiner läuft durchs Gehölz. Vorbildlich.

#zukunftleben

Im Rahmen der Aktion „Unsere Heimat & Natur“ spendet EDEKA Südwest für jeden verkauften Kräutertopf von „Unsere Heimat – echt & gut” einen Teil des Erlöses an Naturschutzprojekte in der Region – zum Beispiel, um traditionelle Obstsorten in der Region vor dem Aussterben zu bewahren.

Michael Kauer ist studierter Geologe und kennt das Felsenmeer seit seiner Kindheit. Es ist gut, wenn die Leute über die Steine klettern, sagt er, denn sonst würden die Felsen bald von Hecken zugewuchert werden und darunter verschwinden. Felsen klingt dabei eigentlich zu niedlich. So ein Trumm aus Granit wiegt 40, 50 oder noch mehr Tonnen, also so viel wie vier mittelschwere Lkw zusammen. Dann erzählt er die Sage von den zwei Riesen, die Krach miteinander hatten und sich mit Steinen bewarfen. Der eine hatte weniger Wurfmaterial und wurde unter Steinen begraben. Dort würde er immer noch liegen und schnaufen. Bei Stille hört man tatsächlich mehr als nur Blätterrauschen. Es ist aber kein Riese, sondern ein Bach, der weiter oben an der Siegfriedquelle entspringt und der im Lauf der Zeit die Steine freigelegt hat. Diese ist eine von 17 Quellen in der Region, in denen der Nibelungen-Held Siegfried angeblich sein Leben aushauchte. In Wirklichkeit waren es aber keine Riesen, sondern die Zeit, die das Felsenmeer geschaffen hat, wie der Ranger berichtet. Das Felsenmeer ist ein sogenanntes Geotop, das Einblicke in die Erdgeschichte gibt, die an dieser Stelle 340 Millionen Jahre zurückreicht.
Wandern im Odenwald
Schöne Aussicht für Wanderer und Rastplatz für Kletterer: Die Brücke am Felsenmeer
Schöne Aussicht und Rastplatz: die Brücke am Felsenmeer

Damals lag der Odenwald noch am Äquator und war Teil eines Urkontinents. Die Erde war unruhig, Kontinentalplatten verschoben sich, Vulkane explodierten und heiße Lava schoss heraus. Magma im Untergrund der Vulkane kühlte rapide ab, statt in 100 Millionen Jahren bereits in 10 Millionen Jahren. Das führte zu senkrechten Schrumpfungsrissen im Gestein, die heute noch gut zu sehen sind.

„Ich liebe es, im November im Felsenmeer zu sein. Bei Nebel ist es hier richtig schön und ruhig.“

Michael Kauer, Geopark Ranger

Im Laufe der Eiszeit wurden die riesigen Steine vom Bach zum Felsenmeer ausgewaschen. Es waren die Römer, die den Wert des Granits entdeckten und hier einen Steinbruch unterhielten. Sie schlugen Säulen aus dem Fels und transportierten sie mühsam das Rheintal hinunter und von dort in ihre zeitweilige Hauptstadt Trier, wo sie noch heute zu sehen sind. Warum auch immer, eine Säule blieb liegen. Michael Kauer vermutet, dass der 27,5 Tonnen schwere Pfeiler mit seinen 9,30 Metern Länge etwas zu klein geraten war. Fast 300 weitere römische Werkstücke liegen im Wald verteilt. Die Zacken, wo die findigen Römer die Steine trennten, sind noch gut erkennbar. Aber auch die Natur wurde zum Bildhauer. Eiseskälte, Hitze und Wasser formten über Jahrhunderte ein Krokodil und einen Riesensessel – der sogar bequem ist. 

Tipps für das Felsenmeer

  • Ruhigste Jahreszeit: frühes Frühjahr, Winter
  • Ruhigste Tage außerhalb der Saison: werktags
  • Parkplatzgebühr Felsenmeer: 3 Euro (ganzer Tag)
  • ÖPNV: Bhf. Bensheim-Felsenmeer, Buslinie 665, 2,50 Euro
  • Multi-Media Show „Felsenmeer in Flammen“, 29. und 30. September 2017 am Felsenmeer
  • Felsenmeer-Informationszentrum, Seifenwiesenweg 59, 64686 Lautertal

… und wir wandern weiter.

Heimat exotischer Bäume: Staatspark Fürstenlager

Wohin jetzt? Das Wandern im Odenwald bietet so viele Möglichkeiten. An der Riesensäule kreuzen sich verschiedene Fernwanderwege, dazu der Nibelungensteig und der Alemannenweg, ein 138 Kilometer langer Rundweg im Vorderen Odenwald. Den nehme ich! Das nächste Wanderziel liegt im Westen, es ist der frei zugängliche Staatspark Fürstenlager (auch bekannt als Fürstenlager Auerbach), die ehemalige Sommerresidenz der Großherzöge von Hessen-Darmstadt. Schon ein paar Meter weiter weg vom Felsenmeer wird es sehr, sehr ruhig im Wald. Hier sind kaum Leute im Wald. Ein Wanderer kommt mir entgegen. Nach jedem Regen sehe ich Lurche (gemeint sind Feuersalamander) auf dem Weg, erzählt er mir. Auch Uhu und Waldkauz gibt es und es zwitschert von allen Seiten. Hier und da entdecke ich im Wald die gleichen Felsen wie drüben im Felsenmeer. Auch hier finden sich Relikte aus der Zeit der Steinbrüche. Eine sogenannte Steinrose steht am Rand – ein Fels mit Spuren einer Sprengung. Bis 1969 malochten hier 300 Menschen am Granit, danach wurde das Felsenmeer zum Naturschutzgebiet erklärt und Flora und Fauna kamen zu ihrem Recht. Das Fürstenlager, das in etwas mehr als einer Stunde erreicht wird, ist wieder was ganz anders. Zeitsprung in die Epoche des europäischen Hochadels. Die Großherzöge fanden es hier lauschig und legten eine Sommerresidenz mit englischem Garten für sich und ihre Gäste aus London und dem Zarenhof an. Sie bauten herrschaftliche Häuser und Pavillons und pflanzten Mammutbäume, die zu Europas größten zählen. Die Zeiten müssen gut gewesen sein, die Parkanlage war nie abgeschirmt und die Leute aus Bensheim und anderswo durften im Park „lagern“, daher der Name Fürstenlager. Von der Anhöhe neben der Parklandschaft lässt sich das Rheintal in seiner ganzen Pracht bewundern. Ganz in der Nähe ist ein weiterer schöner Flecken Erde, auf den in Bensheim wohl niemand mehr verzichten will. Es ist der Wambolder Sand, ein acht Hektar großes Naturschutzgebiet mit Grillplatz. Jetzt geht es den Riesling-Weinberg Schönberger Herrnwingert abwärts zu einer der interessantesten Streuobstwiesen weit und breit.

Alte Bäume und seltene Pflanzen bewahren

Dort treffe ich Florian Schumacher, der sich mit 300 Gleichgesinnten im Verein Streuobstwiesen-Retter auf dem Wambolder Sand engagiert. Dieser Verein begann 2006 als lockere Initiative, um sich gegenseitig zu unterstützen, aber auch auf Streuobst spezialsierten Apfelsaftkeltereien zu helfen. Viele hatten nicht einmal eine Webseite. Florian und ich spazieren ein bisschen durchs Gelände und entdecken dabei versteckte Tümpel, Wiesen mit Totholzhaufen und die Sand-Grasnelke, die mittlerweile auf der Roten Liste steht. 250 Obstbäume mit seltsamen Namen wie Katzenkopf, Schweizer Hose oder Kirschpflaumen stehen auf dem Plateau.

Schönste Natur in Deutschland

Als der Verein 2011 das Biotop bekam, mussten sie sich einen Baum-Experten holen, weil sie die meisten Bäume gar nicht kannten. Dabei entdeckten sie die Ritterkirsche aus Bühl, die als ausgestorben galt. Von manchen Bäumen ist kaum mehr übrig als ein hohler Stamm. Aber voller Leben und darum lässt man sie stehen. „Nach 40 Jahren wird ein Obstbaum so richtig interessant“, weiß Florian Schumacher, „dann nisten hier Specht, Star und Fledermaus.“ Viele Bäume tragen noch Früchte, daraus wird Saft gemacht. Der Verein unterstützt Keltereien, bietet Schnittkurse und Baumpatenschaften an und lässt in einer Baumschule die alten Sorten vermehren, um sie vor dem Aussterben zu retten. Mit solchen Bäumen wurde die Obstbaumallee beim Kloster Lorsch aufgefrischt. Florian zeigt mir noch seinen Lieblingsplatz. „Da ist es schön ruhig.“ Dann verlasse ich dieses Idyll und wandere entspannt runter nach Bensheim zum Bahnhof.

„Draußen sein und beobachten, wie die Streuobstwiesen sich entwickelt haben, macht mir großen Spaß.“

Florian Schumacher, Streuobstwiesen-Aktivist

Warum Streuobstwiesen?

  • Bäume stabilisieren Hänge
  • Standort für alte Regionalsorten
  • Lebensraum für 2000–5000 Tiere
  • Biotop für seltene Gräser, Kräuter und Blumen
  • Brutstätten für Vögel
  • Lebensraum für Wild- und Honigbienen
Wandern im Odenwald

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