Faszination Vogelbeobachtung
Vom schmuckvollen Federkleid über das melodische Zwitschern bis hin zum eleganten Gleiten durch die Lüfte – die bunte Vogelwelt hat einiges zu bieten. Vogelexperte Thomas Giesinger gibt Tipps zum erfolgreichen Beobachten der Tiere.
Inzwischen hat er seine Leidenschaft zum Beruf gemacht und ist unter anderem als Vogelfachmann für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) tätig. Im Interview verrät er, wann und wo Sie auch seltene Arten sehen können – ein spannendes Hobby für Jung und Alt.
Die Wintermonate sind eine gute Zeit, um mit dem Beobachten von Vögeln zu beginnen. Denn dann zeigen sich die Tiere gerne an Futterhäuschen – sowohl im Garten als auch an der Fensterbank.
Thomas Giesinger, Fachmann für Ornithologie beim BUND
5 Fragen an den Profi
Wann kann man Vögel am besten beobachten?
Thomas Giesinger: „Es lohnt sich das ganze Jahr über, nach draußen zu gehen und Ausschau zu halten. Jedoch zeigen sich die Tiere von Mitte April bis Mitte Juni am häufigsten. Diese zwei Monate sind die Zeit des Vogelgesangs bzw. des „Vogelkonzerts“. Das Singen ist Teil des Balzverhaltens, mit dem sie um potenzielle Partnerinnen und Partner werben. Außerdem findet in dieser Zeit auch der Nestbau statt. Eine gute Gelegenheit, um das Verhalten der Tiere zu studieren. Wenn Sie also im Juli kaum noch Vogelstimmen vernehmen, dann ist das keineswegs ungewöhnlich. Denn dann haben sich die Paare gefunden und die Reviere sind abgesteckt. Außerdem sind die Tiere dann mit Füttern beschäftigt.“
Welche Tageszeiten sind besonders vielversprechend?
Thomas Giesinger: „Greifvögel wie Milane oder Bussarde lassen sich besonders gut ab der Mittagszeit beobachten, wenn die Aufwinde am besten sind. Häufig hört man aber auch, dass es sehr lohnenswert sein soll, früh morgens in den Wald zu gehen. Das stimmt insofern, wenn man das ,Vogelkonzert’ in seiner vollen Pracht erleben möchte, speziell im Frühling. Wenn man aber einzelne Vogelstimmen kennenlernen will – und dazu ermutige ich ausdrücklich –, dann ist die Zeit etwas später, so gegen 8 Uhr oder auch in der Abenddämmerung, besser geeignet. Dieses Wissen hilft einem langfristig, Arten nicht nur zu bestimmen, sondern auch anhand der Laute zu orten.“
Gibt es besonders gute Beobachtungsflächen?
Thomas Giesinger: „Streuobstwiesen, Waldränder und Waldwiesen sind immer einen Besuch wert. Aber auch in Hausgärten mit großem Baumbestand und auf Friedhöfen tummeln sich viele Vögel. Eine besonders große Artenvielfalt findet man dort, wo Streuobstwiesen an Waldränder angrenzen. Außerdem gilt: Halten Sie an Gewässern Ausschau. Flüsse wie der Rhein und ihre Auen, stehende Gewässer wie der Bodensee oder auch Schilfgebiete sind lohnenswerte Ziele. Natürlich unterscheidet sich das von Art zu Art. Lerchen, zum Beispiel, lassen sich gut auf großen Feldern beobachten. Allgemein haben sich Vögel sehr viele Lebensräume erschlossen. Es lohnt sich quasi überall, aufmerksam zu sein.“
Welche Tipps haben Sie?
Thomas Giesinger: „Bringen Sie zu Hause ein Vogelhäuschen oder Meisenknödel an, dann können Sie die Tiere auch gut mit bloßem Auge beobachten. Zudem bieten Organisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) auch organisierte Touren an. Aber auch ein einfacher Besuch in einem Vogelpark kann ausreichen, um die Faszination zu wecken. Ob Jung oder Alt, alleine oder in der Gruppe – Vogelbeobachtung ist grundsätzlich etwas für alle. Lediglich Geduld und Aufmerksamkeit sollten Sie mitbringen. Und auch ein gutes Gedächtnis für Töne kann von Vorteil sein, um sich die Vogelstimmen einzuprägen.“
Was braucht man alles dazu?
Thomas Giesinger: „Wenn Sie etwas systematischer mit der Vogelbeobachtung beginnen möchten, dann ist ein Fernglas fast unerlässlich. Bestimmte Arten haben eine gewisse Fluchtdistanz oder sitzen versteckt im Blattwerk, sodass Sie sich ohne dieses Hilfsmittel schwertun werden. Wird die Distanz noch größer, etwa für die Beobachtung von Enten auf dem Wasser, verwenden Fortgeschrittene ein Spektiv, also ein Fernrohr, mit Stativ. Auch Stift und Notizblock sind nützliche Hilfsmittel, um Beobachtungen schriftlich oder sogar mit Skizzen festzuhalten. Diese Aufzeichnungen werden Ihnen später bei der Bestimmung der Arten helfen. Dafür gibt es zudem praktische Bestimmungsbücher, aber inzwischen auch moderne Apps.“
Vögel im Südwesten Deutschlands
Die Jahreszeit spielt bei der Vogelbeobachtung eine wichtige Rolle. Einige Standvögel bleiben das ganze Jahr über hier, „Wintergäste“ kommen nur in der kalten Jahreszeit zu uns und Zugvögel ziehen rechtzeitig vor dem Kälteeinbruch von hier weg in wärmere Gefilde.
Wenn Sie mit der Maus über die Bilder fahren, erhalten Sie Tipps zum Beobachten der gezeigten Arten.