Nachhaltigkeit: Das können wir vom Förster lernen
Wer hat Nachhaltigkeit erfunden? Hans Carl von Carlowitz. Vor 300 Jahren gab der Bergrat und Urvater der Forstwirtschaft Antworten auf damals brennende Fragen. Warum seine Thesen noch heute höchst aktuell sind und was wir von der Forstwirtschaft lernen können, darüber sprachen wir mit Andreas Bross, Förster in Offenburg.
1. Gib der Natur zurück, was du ihr entnimmst
Das Prinzip ist simpel: Für jeden gefällten Baum muss ein neuer nachwachsen. Regelmäßig ermittelt Andreas Bross mit seinen Kolleginnen und Kollegen, welche Bäume in welchem Alter und welcher Menge wo wachsen. Hierzu gehen sie mit ihren Instrumenten, den sogenannten Messkluppen, durch den Wald. Sie vermessen nur so viele Bäume, wie nötig sind, um durch Hochrechnung ein valides Gesamtbild zu erstellen. Auf dieser Grundlage wird entschieden, wie viele Bäume gefällt und nachgepflanzt werden müssen. Andreas Bross: „Wir verjüngen derzeit im Jahr rund 25 Hektar Wald. Pro Hektar pflanzen wir 2000 Bäume – das meiste Eichen.“
2. Handle wirtschaftlich für Mensch und Natur
Wald ist Rendite für Generationen. Und dies nicht nur, weil er eine große Erholungsfunktion hat. Andreas Bross: „Wir pflanzen Bäume, die typisch für unsere Region sind und die wirtschaftlich einen guten Ertrag versprechen. Die Eichen pflegen wir so, dass sie möglichst gerade wachsen und die Stämme frei von Ästen sind. So erzielen wir in der Möbel- und Weinfass-Industrie die besten Preise.“ Der Erlös aus dem Verkauf von Nutzholz kommt der Stadt und somit der Allgemeinheit zugute. Försterinnen und Förstern gelingt es bereits seit 300 Jahren, Wirtschaftlichkeit und Naturschutz unter einen Hut zu bringen.
3. Denke nicht in Jahren, sondern in Jahrhunderten
Die Welt dreht sich schnell. In manchen Branchen lassen sich binnen Sekunden Milliarden Gewinne erzielen. Andreas Bross arbeitet mit anderen Maßstäben, er bevorzugt die Zyklen und den langen Atem des Waldes: „Wir denken in Produktionszeiträumen von 100 Jahren.“ Mit seinen Kolleginnen und Kollegen sammelt er selbst die Eicheln ein, die in der Pflanzschule der Technischen Betriebe Offenburg zu jungen Pflanzen herangezogen werden. Im Wald begleitet der 50-Jährige die Bäumchen dann eine Zeit lang beim Wachsen. Beim Blick hoch zu den grünen Baumkronen, die den blauen Himmel durchziehen, weiß der Förster: Die Eichen werden ihn überdauern und das ist das Wichtigste. Genau darum geht es bei Nachhaltigkeit.
Zeitreise: der Zyklus einer Eiche
Schritt 1 – Sammeln wie die Eichhörnchen
Ganz schöne Früchtchen: Alles, was eine Eiche zum Wachsen braucht, hat die Natur in die Früchte des Baumes gepackt. Försterinnen und Förster sprechen von einem “Mastjahr”, wenn Klima und Witterung es so gut gemeint haben, dass viele Eicheln versprechen auszutreiben. Dann wird im Wald gesammelt, was die großen Bäume an Früchten fallen lassen.
Zeitreise: der Zyklus einer Eiche
Schritt 2 – Ein zartes Pflänzchen wächst
Das Schulkind ist nun im 2. Jahr. Drei Eicheln für ein Pflanzloch – und das sollte vier bis fünf cm tief sein. Die Jüngsten in der Pflanzschule des Offenburger Forstbezirks recken sich mutig Richtung Sonnenlicht. Die Waldarbeiterinnen und -arbeiter sowie Försterinnen und Förster leisten hier ausschließlich Handarbeit und üben sich dann in Geduld. Die ersten Wurzeln brauchen schon mehrere Monate, bis sie ausgetrieben sind.
Zeitreise: der Zyklus einer Eiche
Schritt 3 – Groß werden für den Wald
Kräfte sammeln fürs Auspflanzen: Vier bis fünf Jahre dürfen die Eichensetzlinge in der Pflanzschule stehen bleiben – dann werden sie “ausgewildert” und bekommen ihren Platz zwischen den großen Bäumen zugewiesen. Dicht an dicht stehen sie jetzt noch in der Pflanzschule und gedeihen unter den strengen Blicken der Forstleute.
Zeitreise: der Zyklus einer Eiche
Schritt 4 – Der Baum hat seinen Platz
Aus dem Stämmchen wird langsam ein Stamm, die Eiche ist jetzt circa sechs Jahre alt. Sie hat ihren festen Platz im Forst gefunden und befindet sich im Jugendstadium. Die Forstleute sehen sehr genau hin, wie sie sich entwickelt, denn sie hat eine enorme Vitalität – und wächst hoffentlich, ohne all zu viele Äste auszutreiben, die die Holzqualität später mindern würden.
Zeitreise: der Zyklus einer Eiche
Schritt 5 – Für die Reife braucht es Zeit
Ihre Majestät braucht jetzt Zeit: Die Reifephase einer Eiche dauert Jahrzehnte. In dieser Zeit entwickelt der Baum seine optimale Kronengröße und produziert auch schon wieder neue Samen. Die Eiche ist fest verankert in der Erde mit ihren Pfahlwurzeln. Auch das geschieht nicht von heute auf morgen, sondern ist ein langsamer, synchroner Ablauf mit der Ausbildung der Baumkrone.
Zeitreise: der Zyklus einer Eiche
Schritt 6 – Der Eichenwald will nun Ruhe zum Wachsen
Mit Geduld die Krone erringen: Mit 30 bis 40 Jahren werden die Bäume langsam erwachsen. Die Eiche war bereits bei den Germanen Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. Die Zukunftsbäume im Offenburger Stadtwald wachsen selbstbewusst einem Alter von 150 bis 180 Jahren entgegen.
300 Jahre Geschichte der Nachhaltigkeit
Hans Carl von Carlowitz (1645–1714) schrieb mit der „Sylvicultura oeconomica“ bzw. der „Haußwirthlichen Nachricht und Naturmäßigen Anweisung zur wilden Baum-Zucht“ das erste Werk über die Forstwirtschaft. Die Menschen litten damals unter einer Energiekrise: Die Schmelzhütten des Erzgebirges mussten mit viel Holz versorgt werden. Die wachsende Bevölkerung trug ein Übriges zum Holzverbrauch bei. Carlowitz formulierte den Gedanken, möglichst respektvoll mit der Natur und ihren Rohstoffen umzugehen. Er kritisierte offen den auf kurzfristigen Gewinn ausgelegten Raubbau der Wälder und empfahl, dass immer nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie durch planmäßige Aufforstung nachwachsen konnte.
#zukunftleben
EDEKA Südwest macht sich für den Erhalt der Wälder stark. Für Papiertragetaschen in den EDEKA-Märkten sowie für Werbemittel und Sonderflugblätter verwendet das Unternehmen FSC- bzw. PEFC-zertifiziertes Papier. Es stammt nachweislich aus umweltbewussten Quellen. EDEKA-Mitarbeitende haben sich an Baumpflanzaktionen in der Region beteiligt – unter anderem im Offenburger Stadtwald. Mehr zur Baumpflanzaktion.